Die Songs und ihre Geschichte

WHERE I´M GOING TO
Anfang der 90er als „Don´t know where I’m going“ geschrieben und als einfache Notizversion aufgenommen.  Soweit meine Erinnerung reicht, stand ich als frischgebackener Vater mit neuer Verantwortung an einem Scheideweg im Hinblick auf die berufliche und musikalische Zukunft. 1992 beendete ich meine Tätigkeit als Beamter und machte mich selbstständig. Der Song verschwand im Archiv. Es folgten der Studiobau bei meinem „favourite Drummer“ Christophe Simon im Elsass, 1995 das gemeinsame Album FEEDING THE FLAME und viele tolle Konzerte (u.a. als Support-Act von The Stranglers). Erst Jahre später holte ich den Song wieder hervor und nahm ihn 2010 neu auf. In 2012 erfolgte nach dem Tod eines lieben Zeitgenossen (Wolfgang Bähr) die Änderung der ganzen zweiten Strophe: „I heard the news today, another friend has passed away…“. Dass genau diese Strophe nun kurz nach Fertigstellung der jetzigen Albumversion einen aktuellen traurigen Bezug bekommen würde, ist Schicksal. Die Nachricht vom frühen Tode meines Musikerkollegen und Beraters in Versicherungsfragen, Jens Kreuzer, Ende Juli war sehr schmerzhaft.
Lieber Jens, diese Strophe ist nun dir gewidmet mit großem Dank dafür, dass du warst, wie und was du warst.

Update 28.12.2021: Mit großer Trauer verabschiede ich mich von meinem herzensguten treuen Fan Hanna Sterzik aus Umkirch. Noch ein sehr schmerzlicher Verlust in diesem Jahr.

HOMEWARD BOUND
Geschrieben und erstmals aufgenommen in 2010. Ende desselben Jahres per Video auf Youtube veröffentlicht. Größtenteils neu aufgenommen im Juni 2021. Zum Text damals inspiriert durch eine Heimfahrt nach einem Band-Auftritt in den Vogesen. Leichter Regen, stockdunkel und in der Ferne die Lichter von Mulhouse …  mein geliebtes Elsass bei Nacht.
Für mich ein typischer Road-Song, eine Hommage an das Musikerleben mit stetem Wegfahren und Heimkommen.
In diesem Fall das Nachhausekommen, um meiner Tochter Lara in ihrer Kindheitszeit zum Einschlafen spontan erfundene Geschichten zu erzählen. Die kleinen feinen Saxophon-Einlagen von Lara am Songende aus den Aufnahmen von 2010 habe ich in die neue Version übernommen.

NOW THERE IS YOU 
Entstanden 1995/96, aufgenommen als Demo-Version. Über die Jahre immer wieder vorgeholt und mit Freude angehört, jedoch weder live gespielt noch amtlich veröffentlicht.
Motto: Die richtige Zeit dafür wird kommen. Und die ist jetzt da. Inspiration damals: Meine erste Tochter Lisa und die damit verbundenen Alltags- u. Lebensveränderungen.
Der Satz
in der 1. Strophe „Destination is a far away place“ war als Titel des Albums im Gespräch. Letztlich wurde daraus kurz und griffig „Destination“.

BLOOD BETWEEN THE LINES 
Dieser Song ist eine Anklage und in gewisser Weise auch eine Abrechnung mit der Gattung Mensch. Geschrieben und erstmals aufgenommen in 1988. Im Mai 1991 Neuaufnahme im Studio von Erdal Kizilcay (David Bowie) in CH-Neuchâtel. In den 90er-Jahren mit der Band stets live gespielt, ab 1996 mit französischem Text. Ruhte dann bis Juni 2021 im Archiv und drängte sich angesichts der Weltentwicklung thematisch für eine Neuinterpretation auf. Dazu eine ideale Gelegenheit, meine zwei Lieblingsfremdsprachen Französisch & Englisch in einem Song zu kombinieren.

Der Text folgt meiner schon seit Jugend bestehenden Erkenntnis, dass die ganze Menschheitsgeschichte permanent mit „Blut zwischen den Zeilen“ geschrieben wurde. Und er könnte aktueller nicht sein. Denn nichts hat sich seit 1988 verbessert, im Gegenteil. Ich bin fassungslos, traurig und erfüllt mit innerer Wut über das kollektive Versagen in Afghanistan und schäme mich für die maßgeblichen Politiker, die der Welt jahrelang trotz Warnung vieler Experten Märchen und Lügen erzählten. Der Bezug dieses 33 Jahren alten Songs zum Hier und Jetzt ist für mich zwar eine Bestätigung, jedoch bin ich eher erschrocken darüber. Wie im Booklet vermerkt, widme ich den Song stellvertretend für viele mutige Frauen und Mädchen in Afghanistan der Aktivistin Laleh Osmany und ihren Mitstreiterinnen.

Für den Solopart wollte ich bewusst eine bluesige Mundharmonika mit einem „gequälten“ Sound. Die Vorgabe an den wunderbaren Martin Krüger war: „Eine Atmosphäre wie bei Charles Bronson in Spiel mir das Lied vom Tod“. Danke Martin – Mission accomplished!

Das i-Tüpfelchen setzte völlig unerwartet Ranjana Schneider mit ihrem Saxophon, neben Anthea meine zweite Entdeckung hier im Ort. Was für ein Glück – zwei Top-Talente im kleinen Waltershofen. Beim Warmspielen für einen anderen Song improvisierte Ranjana einige jazzige Melodiebögen und ich sagte spontan: „Hey, klingt super, ich hab ne Idee, lass uns mal was probieren …  … spiel einfach drauf los“. Et voilà – mit dem Outro des Songs wurde ein weiteres Highlight des Albums geschaffen.

Update 13.9.22: Die Weltgeschichte wurde wieder mal rasant weitergeschrieben – wie gewohnt mit Blut und Tränen. Putin und andere Kriegstreiber sorgen dafür, dass dieser Song tagesaktuell bleibt.

PRECIOUS MOMENTS
November 2020, der zweite Corona-Lockdown mit Absage des jährlichen Konzerts mit der Band in Schloss Reinach und aller anderen Events incl. Silvester. Ich hatte regelrecht die Schnauze voll. Wie damit umgehen? Wieder aufregen, wie im Frühjahr? Trübsal blasen oder jeden Tag schlechte Laune? Rumdiskutieren mit überhitzten Gemütern jedweder Ausprägung? Nicht zielführend.
Kurzum – zum Jahresabschluss sollte ein Song mit Video und Botschaft her. Heraus kam eine liebevoll-sarkastisch-böse Verarbeitung dieses ersten Corona-Jahres. Angefangen mit der hektischen Flucht vor einer langen Ausgangssperre in Spanien im März – mit dem allerletzten Flieger Richtung Deutschland aus Sevilla, 30 Minuten bevor alles dicht gemacht wurde. Großes Glück! Kurz darauf binnen weniger Stunden Stornierungsmeldungen für alle Konzerte und Events bis mindestens Sommer, dann bis Herbst …  ein Schock. Diese Erlebnisse und das ansonsten allgemein bekannte Drama von März-Juni 2020 gaben die Vorlage zum Text.
Unzweideutig habe ich im Mittelteil des Songs mit allen selbsternannten Corona-Aufpassern hier in meinem Heimatort und anderswo abgerechnet, das war mir ein echtes Bedürfnis. Unsäglich und ekelhaft empfand ich so Figuren wie den BW-Innenminister Thomas Strobl, der im April 2020 offen dazu aufrief, auf Nachbarn aufzupassen zu denunzieren, falls sie sich nicht an die Corona-Regeln halten würden. Wie berichtete eine Bekannte bei der Polizei? „Bei uns rufen Leute an, die anzeigen, dass sich gerade auf der Strasse zwei Familien mit Umarmungen voneinander verabschieden!“ Fucking Denunciators, nicht anders als 1938.

Zusammen mit Mike produzierte ich im Dezember ein Video zum Song, siehe YouTube „Enrico Novi Precious Moments“. Hier nun die Audioversion. Be happy – enjoy 😉

Update 26.12.21: Der Wahnsinn geht weiter, die berufliche Existenz bleibt ungewiss. Dass noch irgendjemand in Berlin oder Stuttgart überlegen könnte, ob man den bisher mit reinen Almosen über Wasser gehaltenen Soloselbstständigen/Berufsmusikern zur Verhinderung stetig steigender Rentenlücken und sich abzeichnender Altersarmut eine angemessene Entschädigung für die Enteignung und das „Brav-Stillhalten-und-Abwarten“ bezahlt, daran glaube ich nicht. Danke an „The Länd“ für die überaus hohe Wertschätzung und die 1.180.- fiktiven Unternehmerlohn brutto, ich weiß gar nicht wohin mit diesem Vermögen …   zu Aldi, zu Lidl, zu Netto? Für in die Rentenversicherung reicht´s jedenfalls nicht.

Update 13.9.22: Seit Putins Kriegszug fast wie über Nacht eine Hyperinflation. Dabei alles auf diesen Kriegsverbrecher & Massenmörder zu schieben, ist allerdings nur ein Teil der Wahrheit. Und die Berufskünstler dieses Landes? Nach den Enteignungen durch Defacto-Berufsverbote 2020/21 nun die weitere Enteignung durch hohe Inflation, ergo weiter wachsende Rentenlücken. Das interessiert aber außer die Betroffenen keinen mehr. Es bleibt dabei: Freu dich einfach über jeden Tag, an dem die Sonne aufgeht, be happy and don´t think twice.

I REMIND YOU
Ein Song aus dem Jahre 2006. Als Demo-Version aufgenommen und im Archiv gespeichert. In 2020 war es die ideale fetzig-lockere Nummer zur Teilnahme an dem Wettbewerb „Klangspektrum Baden-Württemberg“ und wurde als Mitgewinner im Netz veröffentlicht. Komplette Neuproduktion im Sommer 2020, im Mai 2021 verfeinert mit einer neuen 12saitigen Gitarre von GUILD, das zu der Zeit kaum zu bekommende „Tom-Petty-Modell“, welches nur dank meines Gitarren-Freundes Tom Müller (Musik Bertram) den Weg zu mir fand. Ein weiteres Stück Glück – big thanks, Buddy! Mike glänzt im Outro mit Chorgesang.

Worum geht’s in dem Song? Kurzgefasst darum, sich stets bewusst zu sein, wie kurz das Leben ist. Oder wie es ein Freund immer wieder auf den Punkt bringt: „Das Wichtigste ist, gelassen zu bleiben.“ Insofern ist I REMIND YOU auch ein selbstreflektierender stetiger Weckruf.

SUMMER RAIN
Eines meiner Schlüsselstücke der letzten 35 Jahre. 1996 geschrieben und in meinem damaligen Studio in Horbourg-Wihr (Elsass) mit Niels Kaiser an der E-Gitarre aufgenommen. Neubearbeitung und Veröffentlichung auf dem Album POP GALLERY in 2004. Komplette Neuaufnahme Juni/Juli 2021. Die Inspiration für den Text gab es bereits in den 80er-Jahren durch die Erzählung von Erwin Kühnle (ehemaliger Arbeitskollege) über seine Nahtoderfahrung in Verbindung mit einer Herzoperation. Fasziniert hörte ich seine Beschreibungen von „hellem wunderschönem Licht“, von einer Umgebung in „kräftigen Farben“ und einem Wohlfühlen, das sich in Enttäuschung wandelte, als er wieder die kargen Wände des Klinikzimmers sah. Diese Story bleibt unvergessen. Der Titel Summer Rain ist eine Metapher, die der Vorstellung entsprang, dass Sterben möglicherweise etwas Befreiendes, Erfrischendes hat – eben wie ein Sommerregen. Für den Instrumental-Mittelpart, der sanft fallende Regentropfen in unterschiedlicher Ausprägungen musikalisch abbilden soll, wollte ich bewusst ein Saxophon als Soloinstrument zur Ergänzung der verschiedenen Gitarrenfiguren. Ranjana Schneider war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort: Drei Straßen weiter in Waltershofen. Einfach toll.

We were singing in the rain …

POISON OUT
In 1995 erschien das erste und einzige Album der Band NOVI. Damals dabei: Niels Kaiser (git), Christophe Simon (dr) und Philippe Sissler (b). „My best band ever“ – wie ich zu sagen pflege. POISON OUT war der einzige Rock´n´Roll Song des Albums, rauh und ungeschliffen. Die Nummer funktionierte jedoch eher auf der Bühne als auf Platte. An diesem Eindruck hat sich bis heute nichts geändert. Die Gitarren-Hookline empfand ich jedoch als so prägnant und den Song so eingängig, dass ich entschied, etwas Neues daraus zu machen. Der Trick: Das Tempo „halbieren“ und mit den Drums mal so richtig drauflos klopfen. Schon nach den ersten Versuchen war mir klar: Da zeig ich mal dem Rest der Welt, dass ich immer noch anders kann und nach 14 Bühnenjahren ausschließlich mit Acoustic-Gitarre das E-Gitarre-Spielen nicht verlernt habe. Es war einfach eine Freude, an allen Instrumenten wieder mal bisschen „die Sau rauszulassen“. Sollte jemand bei den Drums an einen legendären Drummer der 70er denken – no problem, ich tu es auch
😉
Die kleine Gitarren-Battle im Finale zwischen 2 Spuren ist eine weitere Reminiszenz an dieses Jahrzehnt meiner Jugend, das mich musikalisch prägte.
Der Text, bzw. das Thema des Songs? Der Gentleman schweigt…
Okay, ein Satz: Es waren von Okt.’93 bis Juni’95 turbulente eineinhalb Jahre. Kiss to F.P.

6:30 ON SUNDAY 
Eine Liebeserklärung an meine „First Lady“ Patricia. Wohlfühlatmosphäre und Besinnlichkeit. Oder wie Mike sagt: „Meine Lieblingsnummer auf der Platte“. Geschrieben und aufgenommen 2010. Die Gitarren- und Bass-Spuren der Erstaufnahme wurden vollständig verwendet. Ich hätte sie heute nicht mehr mit dieser Atmo und der damaligen inneren Stimmung hinbekommen. Drums & Percussions wurden neu eingespielt. Der Text bedarf keiner Erläuterung, jedoch zum Musikalischen einige Worte: Einen Song mit dieser Intensität und den „Räumen“ zu schaffen, war rückblickend wohl nur durch die Inspiration seitens meines ruhmreichen Musiker- und Produzentenkollegen Daniel Lanois möglich. Wer ihn nicht kennt: Der Produzent großer U2- und Peter Gabriel-Klassiker, Emmylou Harris, Bob Dylan etc. Meinem langjährigen Wegbegleiter Alex Perin habe ich es zu verdanken, dass ich mich ab 1992 mit Daniel Lanois näher befasste. Er ist eine Art Lehrer im Geiste, ein Produzenten-Vorbild. Wie oft hörte ich mich sagen „wie macht der das bloß“? Ein Meister der Räume. Und ich lerne weiter …     Kiss to Patricia 🙂

NEED YOU
1993 – ein Jahr des Umbruchs, der Neuorientierung. Draußen aus dem „Beamtenjob“ plus private Trennung – und Existenzkampf pur. Die Inspiration zu diesem Song kam durch eine Begegnung mit Eli (richtig Elisabeth) in einem Geschäft im Herzen Freiburgs, wo sie tätig war. Über Wochen und Monate gab es immer wieder spontane Treffen und Gespräche auf dem Rathausplatz. Es war klar, dass sich daraus nie mehr entwickeln würde und gleichsam entstand eine Art Vertrautheit, die einfach wohl tat. Lag ich falsch mit dem Eindruck, dass auch sie in gewisser Weise dabei war, sich in punkto Beziehung neu zu orientieren? …   Mit meiner eigenen Orientierung Richtung Elsass ab Ende 1993 verlor sich unsere Spur. Anyway, sie gab mir den Kick zu diesem Song, der mich nun fast 30 Jahre lang begleitet. Wurde Zeit, das Ding endlich mal rauszubringen. Komplett neu aufgenommen im Frühjahr 2021. Bei den Drums hab ich damals wie heute ganz bewusst den führenden HiHat-Schlag auf die 2 und die 4 weggelassen – von Charlie Watts abgeschaut, dessen Umstellung dahingehend ab Ende 70er ich allerdings nie richtig begreifen konnte. Sein Stil lebt also in diesem Song ein kleines Stückchen weiter. Meine Lieblingsstelle: Der letzte Refrain mit Antheas „… cause I need you as well“. Der erste Song, bei dem sie mitsang bzw. überhaupt bei einer Studioaufnahme sang und dann gleich so ein Treffer. Völlig relaxed mit Feeling wie eine „Große“. Toller Moment!

DON’T LEAVE WITHOUT A TRACE
Am 24.10.2012 starb mein Musikerfreund und musikalischer Mentor Alex Perin. Sein Hang zu Hochprozentigem wurde von seinem Körper nicht mehr länger hingenommen. Ein vormals genialer Gitarrist, liebevoll von mir „Jeff Beck von Deutschland“ genannt. Ein Mann mit abenteuerlicher Vita. In jungen Jahren ein Gitarrenstar in Rumänien, dann lange vor dem „Mauerfall“ eine turbulente Flucht über verschiedene Länder bis letztlich nach Deutschland. Hier jedoch weder kulturell noch von seinem Sozialverhalten her jemals wirklich angekommen. So meine nüchterne Analyse im Rückblick. Allerdings gab es noch die emotionell-musikalische Seite und die war mir viel wichtiger. Deshalb steht eines fest: Er ist und bleibt einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ein Unikum mit viel Gespür für feine Details und vor allem einer der ganz Wenigen in der damaligen sogenannten „Szene“ in Freiburg mit ihren zahlreichen provinziellen Wichtigtuern und Kleingeistern, der mit mir offen ohne Arroganz, Vorurteile und dumme Sprüche umging. „Ich höre, was ich höre, das andere interessiert mich nicht“. Schon lange vor meinem Ausstieg aus dem Polizeidienst war er rein auf das Musikalische fixiert, das ich zu bieten hatte. Er bestärkte mich und gab hilfreiche Tipps, die ich schnell umsetzen konnte. Einer der gemeinsamen Höhepunkte war der Auftritt August 1991 in Colmar vor über 9000 Leuten als Support Act des legendären Dave Stewart (Eurythmics) und seiner Band. Das bleibt unvergessen.

Besonderheit: Die Eröffnung des Songs stammt aus einem Solo, das Alex 2004 bei IN A DREAM auf meinem Album POP GALLERY einspielte. Im Verlauf des Songs ist er mehrfach mit Teilen aus diesem Solo zu hören, die ich in langer Puzzle-Arbeit passend einbauen konnte. Vezi, draga mea, nu ai plecat fără să lași urmă! Siehst du, mein Lieber, du bist nicht gegangen, ohne Spuren zu hinterlassen.

Bleibt noch zu sagen, dass ich das Schlagzeug 2013 unter der Prämisse einspielte „es soll so cool und frei klingen wie bei Charlie Watts“. Nun wurde daraus unfreiwillig eine Hommage an einen meiner Drum-Heroes. Thanks, Charlie, for being the member of one of my favourite bands of all time!

ON THE WATER
Juli 1995 – Das Seefest im Freiburger Seepark. Am ersten Abend mit der Band auf der Seebühne zur Präsentation des Albums FEEDING THE FLAME, am zweiten Abend am Landkreispavillon unter freiem Himmel bei bestem Sommerwetter. Abertausende bewegten sich im Schneckentempo an uns vorbei, Hunderte verweilten – und plötzlich ging das Feuerwerk los. Statt aufzuhören, spielten wir den laufenden Song ON THE WATER einfach instrumental weiter und untermalten so das Feuerwerk. Riesenapplaus, als dies zu Ende war und wir wieder voll in den Song einstiegen. So toll dieses Erlebnis war – es stand unter dem Schatten des kurz zuvor verübten Massakers von Srebrenica in Bosnien. War der Songtext bereits durch die ständigen Berichte über den Jugoslawienkrieg inspiriert, so erhielt der Song und seine Botschaft zum Seefest hin durch diese schrecklichen Morde eine noch tiefere Bedeutung. Und diese Bedeutung hat er bis heute nicht verloren. Es bleibt wie es ist – ein fortwährendes friedliches Leben zwischen Völkern ohne Mord und Totschlag scheint nicht möglich zu sein, es sei denn durch ein Wunder. Damals wie heute könnte deshalb die metaphorisch-biblische Feststellung lauten: Es wird wohl Zeit, dass wieder mal einer übers Wasser geht! Jedoch: Do you believe in wonders?

Zur Produktion: War das Original der 90er Jahre eher Gitarrenrock, so wollte ich für die Version 2021 ein auf Rhythmik ausgelegtes dezentes Arrangement. Ziel war es, die textliche Botschaft so prägnant und gefühlvoll wie möglich zu transportieren. Das orientalische Schlaginstrument Darbuka in Vermischung mit Latin Percussions als Grundlage empfand ich dafür als ideal. Was mir fehlte, war ein ganz besonderer Einstieg in den Song. Die 1. Textzeile „Children and mothers …“ gab wohl den entscheidenden Impuls: Ein Intro, das nach einem Kinderlied klang, reduziert auf Gesang. Eine beiläufige Anmerkung von Mike „fehlt dann nicht doch irgendwie was?“ brachte mich auf DIE Idee: Anthea und ich im Duo mit einem Glockenspiel. Der Knaller: Anthea kam mit einem Original-Sonor-Glockenspiel als Geschenk ins Studio, welches jahrelang ungenutzt im Keller lag.
Et voilà: Schöner konnte ich mir den Einstieg in ON THE WATER nicht vorstellen. Feuchte Augen.
Update 13.9.22: Der Song erhielt seit dem 24.2.22 neue Bedeutung. Er könnte dieses Jahr komponiert worden sein! Kriegsverbrechen anprangern und Frieden herbeisehnen bleiben zeitlose Themen, auch wenn man im 21. Jahrhundert die Aktualität kaum glauben mag. Ein Teil der Menschheit wird NIE was lernen und einem friedlichen Zusammenleben IMMER im Wege stehen. Wie gesagt: Es bedarf eines Wunders.

LAST GOODBYE
Januar 2021, kurz nach Jahreswende. Der Corona-Winter-Blues drückt aufs Gemüt, ideal für ruhiges Vor-sich-hin-klimpern und wenigen Tönen freien Raum zu lassen bis hin zur Komposition. Diese erste musikalische Kreation des Jahres 2021 bildet den würdigen Abschluss des Albums, gleichwohl der Song auch den gefühlvollen und selbstreflektierenden Abschluss eines ganzen Musikerlebens darstellt. „Produzier das Album so, als wenn es dein letztes wär“ … Bei keinem andern Song war dieses Eigenmotto so präsent wie hier.

Die Eingangsworte „Look homeward, Angel“ stammen aus einem Gedicht des englischen Poeten John Milton (1637) und wurden 1929 von Thomas Wolfe als Titel einer Novelle genutzt. Von Mike stammt die geniale Idee, im letzten Teil des Songs den Bogen zurück zu spannen zum ersten Stück, WHERE I´M GOING TO, was zu den Chorpassagen von ihm und Anthea führte. „Do you know where I go …?“  Gänsehautfinale.